28. Februar 2011 19:30
Haus der Musik,
Seilerstätte 30,
A-1010 Vienna
Es diskutieren:
- Daniel Domscheit-Berg / Ex-Wikileaks Sprecher, Openleaks
- Constanze Kurz / Chaos Computer Club Berlin
- Peter Pilz / Nationalratsabgeordneter Die Grünen
- Konrad Becker / World-Information Institute
- Moderation: Alexandra Föderl-Schmid / Chefredakteurin Der Standard
Mit Wikileaks haben die zentralen politischen Themen der digitalen Kommunikationsrevolution der letzten 30 Jahre - etwa das Recht auf Zugang zu Information als Kern einer demokratischen Gesellschaft - das Zentrum der etablierten Politik erreicht. Wikileaks, bei allem Interesse an den Besonderheiten und individuellen Akteuren, ist deshalb keine isolierte Ausnahme, sondern nur der radikalste Akteur eines historischen Prozesses.
Wie verschieben sich die Grenzen zwischen Geheimhaltung und Transparenz bei Regierungen und großen Konzernen? Wie kann mit immer größeren Datenmengen umgegangen werden? Wie soll öffentliche Kontrolle in Zukunft aussehen? In diesem Kontext müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen des Zugangs zu Regierungsinformationen neu diskutiert werden. In Österreich fehlt ja immer noch ein "Freedom of Information Act", obwohl die Überwindung der Verwaltung von Daten nach Gutsherrnart dringend erforderlich wäre. Die momentan praktizierte Art der Geheimhaltung entstammt einer Tradition der politischen Theologie zur Legitimierung von Souveränität und ist in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle demokratieschädigend.
Ebenfalls von zentraler Wichtigkeit ist die demokratische Nutzbarmachung öffentlicher Information. Vieles von dem, was nominell frei verfügbare Daten wären, ist de facto für die meisten Bürger nicht interpretierbar. Das Zugänglichmachen von Information bedeutet nicht nur das Zur-Verfügung-Stellen von Zahlenreihen, sondern auch den Zugang zu Visualisierungen und Analysen, um dieses Wissen lesbar zu machen. Das Thema umfasst auch den Informantenschutz und die Pressefreiheit, sowohl rechtlich als auch ökonomisch. Dass es gerade um diese Dinge nicht besonders gut bestellt ist, öffnet ja erst Raum für Akteure wie Wikileaks.
Die Diskussion will Modelle der Offenlegung von Informationen sowohl "von unten" als auch "von oben", d.h. als Bestandteil politischer Arbeit und eines informationspolitischen Parlamentarismus erörtern. Zur Frage steht aber auch der Prozess einer Rekonstituierung politischer Informationslandschaften. Wie müssen die Informationspflicht und der Informationsschutz in politischen Gemeinwesen neu verankert werden? Was bedeutet Open Data Government? Und wie kann Bürgerbeteiligung in demokratischen Informationsgesellschaften aussehen, die über die zersplitterter Interessengruppen oder populistische Kampagnen hinausgeht? Wann ist ziviler Ungehorsam á la Wikileaks gerechtfertigt, ja sogar notwendig?