Konferenz:
"Critical Strategies in Art and Media"

Tiefgreifende Veränderungen im Zusammenhang mit globalen digitalen Informations- und Kommunikationssystemen fordern das kulturelle Erbe der Zukunft heraus und bedürfen unabhängiger cultural intelligence und Analyse. Das World-Information Institute diskutiert die Zukunft von Kunst und Kultur in einer schnelllebigen Zeit, deren ökonomische und ökologische Umwelt tiefgreifenden Veränderungen unterworfen ist. Guy Debord, eine Schlüsselfigur europäischen Denkens des 20. Jahrhunderts, erklärte einmal: "Alle denkenden Menschen unserer Zeit stimmen darin überein, dass Kunst nicht weiter als überlegene Aktivität gerechtfertigt werden kann, oder gar als abgegoltene Aktivität, mit der man sich ehrenvoll beschäftigen kann." Seither sind 50 Jahre vergangen und die Dinge haben sich merklich zum Schlechteren gewendet. Hat Kunst noch Relevanz jenseits der Rolle des corporate style consultant oder der Dekoration digitaler Produktwelten? Gibt es noch Nachfrage für Kunst jenseits ihrer Funktion als Statusdekor, steuerschonende Investition oder der eines speziellen Marktsektors?

Heute sind die heilige Aura und mythische Einzigartigkeit des Objekts, in engem Zusammenhang mit dem Kult der Schönheit, der mit der bourgeoisen Welt entstanden ist, noch immer die dominante Kunstform. Die tief eingeschriebene ökonomische Logik, die kulturelles Schaffen mystifiziert und einzigartige Individualität betont, wurde bis jetzt nicht überwunden. Inmitten aller Behauptungen von Authentizität produziert der Fokus auf bedeutungslose "Innovationen" und "individuellen" Persönlichkeiten durchwegs Marktversagen. In der Zwischenzeit dringt die kulturelle Friedenssicherungsindustrie des Military-Entertainment Complex in die Vorstellungswelt vor und beeinflusst zunehmend Verhalten in allen Bereichen. Gleichzeitig wirft der quälend langweilige Mythos der Creative Cultural Industries, nämlich dass sie die bildenden Künste aus der Kälte in die produktiven Kräfte der Wirtschaft hereinbringen, Fragen über Dissens und Kritik auf. Der Bourgeois-Bohemien-Lebensstil der sogenannten "Kreativen Klasse" verwechselt Talent mit einem Fetisch für Lifestyle-Technologie und verwechselt Ignoranz mit Toleranz. Es ist aber nicht nur die Finanzwelt, die in Pyramidenspiele verwickelt ist: ausgebeutet, um sinnentleerten Wirtschaftsideologien und Glaubenssystemen Bedeutung einzuhauchen, haben Kunst und Kultur von ganz alleine bad practices und Mechanismen selbst-verstärkender Dummheit entwickelt.

Mittlerweile sind Gesten der Rebellion zum Inhalt alltäglichen Marketings geworden. Im Supermarkt des grotesken Web 2.0 Sozialismus kommt naive Kritik von der Stange und zum Diskontpreis. Greenwashing und Community-Kitsch sind heute an der Tagesordnung.
Ein Amalgam postmoderner Perplexität und bürgerlicher Orientierungslosigkeit in neoliberalen Marktwirtschaften erzielt und erhält ein erschreckendes Fehlen von Visionen. Mit dem Niedergang postmoderner Theorie und einer wachsenden Schwäche neoliberaler ideologischer Hegemonie ist eine ernsthafte Neubewertung "kritischer kultureller Praxis" nötig.

 

Was sind kritische Strategien im 21. Jahrhundert?

Steve Kurtz, ist Mitbegründer des bahnbrechenden Critical Art Ensemble, einem Kollektiv, das neue Generationen von KünstlerInnen und AktivistInnen beeinflusst hat. CAE realisierte etliche Guerilla Wissenschafts- und Kunstprojekte, von Straßenaufführungen bis zu Projekten in prominenten Museen. Seine Arbeit umspannt die Breite informierter kritischer Praxis und beinhaltet zahlreiche Publikationen. Das letzte Projekt zu Biotechnologie und Biologischer Kriegsführung brachte jahrelange Rechtsstreitigkeiten und offizielle Schikanen, führte aber auch zu einer Welle internationaler Solidarität.

Peter Lamborn Wilson ist Schriftsteller und Essayist mit einem fundierten Wissen um die Geschichte heretischer, abweichender Denkschulen. Als Experte für Religionswissenschaften und "andere Wirklichkeiten" einer autonomen Schaffung von Wissen hat er seine einflussreichen und aufrührerischen Texte auch unter dem Namen Hakim Bey publiziert, als Kultfigur des Neunziger Jahre Underground Rave und der radikalen Computerkultur. Trotz seines Status als "Cyberguru" ist er ein scharfer Kritiker von Technologie und vermeidet sie, wo immer er kann.

Claire Pentecost ist eine interdisziplinäre Künstlerin und Schriftstellerin, die eine Vielzahl von Medien gebraucht, um die imaginativen und institutionellen Strukturen zu hinterfragen, die Wissen und seine Abgrenzungen organisieren. Als Mitorganisatorin von Continental Drift untersucht sie in einem weit gespannten Bogen mögliche Antworten auf eine in Veränderung begriffene geopolitische Ordnung.

Ted Byfield ist ein Herausgeber und Vermittler sowie Ko-Moderator einer der bekanntesten Mailinglisten über digitale Kulturen, nettime-l. Seine Recherchearbeit umfasst Anomalien, Ökologie, Ökonomie, Gouvernementalität, geistiges Eigentum, und Hacking. Seine Expertise erstreckt sich aber auch über Bereiche wie Recht, Mapping, P2P, Politikentwicklung, Propaganda, Sicherheit, und Systemtheorie.

Amanda McDonald Crowley ist eine der bestinformierten OrganisatorInnen und KuratorInnen, die mit neuen Medien und Kunst arbeiten. Sie fördert Kollaboration und interdisziplinäre Kulturpraktiken und ist über Australien hinaus auf mehreren Kontinenten in vielen Bereichen von Praxis bis Policy involviert. Derzeit ist sie Direktorin von Eyebeam, einem der bekanntesten Kunst- und Technologiezentren der USA.

Jim Fleming ist eine Schlüsselfigur des bekannten Autonomedia in New York City, dem Hauptverleger radikaler theoretischer Werke zu Medien und Politik in den USA und einer autonomen Zone für kritische Kunstdiskurse. Autonomedia beteiligt sich auch an einem Onlineforum inter-aktivistischen Austauschs und ist eine bedeutende Quelle zeitgenössischer Kritik. Zu seinen AutorInnen zählen u.a. auch Peter Lamborn Wilson und das CAE.

Konrad Becker, ein Pionier in Medienkunst und elektronischer Musik, ist bekannt als Initiator von wegweisenden und kontroversiellen Netzkulturprojekten. Als Vordenker und Aktivist konzeptionalisierte und organisierte er eine Vielzahl von internationalen Konferenzen und Ausstellungen. Sein neuestes Buch "Strategic Reality Dictionary", erschienen bei Autonomedia, spricht Themen kultureller agency jenseits des Taktischen an. Derzeit leitet er das World-Information Institute in Wien, das sich eine kritische Auseinandersetzung mit den Bereichen Kultur und Technologie zur Aufgabe gemacht hat.


Das World-Information Institute kooperiert mit dem Ludwig Boltzmann Institut / Medien. Kunst. Forschung. im Rahmen des Forschungsprojekts "netpioneers 1.0"

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Kollegiumgasse 2, A-4010
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In Zusammenarbeit mit dem LBI Medien.Kunst.Forschung

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POLITIK DES SUCHENS JENSEITS VON GOOGLE

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Konferenz, Wien, 28. Mai 2010

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